Fragen, die es in sich haben

Es gibt erstaunlich viele Wege, Fragen zu stellen. Eine interessante, und auch recht negative Art der Frage, für die es im Englischen einen eigenen Begriff gibt, ist die sogenannte „loaded question“ (geladene Frage). Die unvermeidliche Assoziation mit einer Waffe ist sicherlich nicht ungewollt, denn sie ist geladen mit einer versteckten Annahme, die fast immer etwas Negatives oder zumindest Nachteiliges impliziert und somit der angesprochenen Person sehr gefährlich werden kann. Eine unachtsame Antwort kann die implizierte Annahme scheinbar bestätigen, selbst wenn sie nicht zutrifft.

Aber wie übersetzt man sie?

Im Deutschen gibt es natürlich die Fangfrage, die manchmal durchaus passen kann. Allerdings ist eine Fangfrage nicht unbedingt so negativ geladen. Sie soll die angesprochene Person überlisten, indem sie eine falsche Antwort impliziert, aber bei dieser implizierten Antwort muss es sich nicht um eine negative Annahme handeln. Die beste Übersetzung für Fangfrage ist der amerikanische Begriff „gotcha-question“, der aber nicht überall bekannt ist. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass es für Fangfragen grundsätzlich zwei Übersetzungen gibt: „loaded question“ and „trick question“. Um sicherzustellen, dass eine Frage als „geladen“ erkannt wird, bedarf es deshalb oft einer weiteren Umschreibung.

Auf gar keinen Fall lässt sich „loaded question“ mit „Gretchenfrage“ übersetzen. Fangfrage und Gretchenfrage werden oft verwechselt, oder gar als Synonyme verwendet, dabei sind sie sehr gegensätzlich. Um den Begriff Gretchenfrage zu verstehen muss außerdem der Kontext aus Goethes Faust bekannt sein, was man im englischsprachigen Raum nicht voraussetzen kann:

Gretchen ist eine Figur in Goethes Tragödie Faust. Jung, aus einfachen Verhältnissen, naiv und tiefreligiös stellt sie das genaue Gegenteil des titelgebenden Wissenschaftlers dar, der viele Jahre älter ist und sich durchaus einen Namen gemacht hat, aber so desillusioniert von seinen Studien ist, dass er einen Pakt mit dem Teufel schließt. Mit dessen Hilfe schafft er es, das Mädchen zu seiner Geliebten zu machen und sie damit ins Unglück zu stürzen. In einer Schlüsselszene stellt Gretchen Faust die für sie sehr bedeutende Frage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ Der gerät dadurch in arge Erklärungsnot und versucht, einer Antwort auszuweichen, aber diese Versuche machen Gretchen bereits deutlich, dass er kein Christ ist.

Ableitend bezieht sich die Gretchenfrage auf eine Frage nach der Gesinnung einer Person, z.B. zur Religion, politischen Überzeugung oder moralischen Einstellung, manchmal aber auch einfach nur zu einem Thema, das dem Fragestellenden äußerst wichtig ist (wie z.B. Fußball). Dabei wird vorausgesetzt, dass die angesprochene Person dazu eigentlich keine Antwort geben will. Weil aber die Frage so direkt ist (Wie hast du’s mit…?/Wie hältst du’s mit…?) lassen sich auch durch ausweichende Antworten Rückschlüsse auf die wahre Gesinnung schließen.

Zwar soll die Fangfrage die angesprochene Person ebenfalls dazu bringen, etwas über sich preiszugeben, aber nur indirekt und es geht selten um die Gesinnung. Meist soll sich das Gegenüber in logische Widersprüche verstricken. Ziel kann sein, jemanden zum Reden zu bringen, logisches Denken herauszufordern, oder zu testen, ob man die volle Aufmerksamkeit seines Gegenübers hat.

Hin und her, von Pontius zu Pilatus, von Säule zu Pfeiler

Wie die zahlreichen Pseudo-Anglizismen zeigen (man denke nur an „Handy“ und „Beamer“) führt uns die englische Sprache immer wieder gerne auf falsche Fährten. Ein großartiges Beispiel ist der folgende Ausdruck:

to give somebody the runaround / to get the runaround

Bedeutung; jemanden mit einer Serie von Ausreden, Verzögerungen oder Verweisungen hinhalten

Auch wenn sich „running around“ mit „herum rennen“ übersetzen lässt, das Substantiv “runaround” bezieht sich auf eine geistige Aktion. Der physische Aspekt lässt sich aber immer noch erkennen: Man wird von Gesprächspartner gedanklich in immer wieder andere Richtungen geschickt.

Vielleicht weil der Ausdruck impliziert, dass man am Ende nicht weiterkommt, wird er häufig – fälschlicherweise – mit “von Pontius zu Pilatus laufen” übersetzt. Bei dieser Redewendung steht jedoch die physische Handlung im Vordergrund. Dies wird besonders an ihrem Ursprung deutlich, der sich im biblischen Evangelium nach Lukas findet: Als Jesus dem römischen Statthalter in Judäa, Pontius Pilatus, vorgeführt wird, schickt dieser den galiläischen Angeklagten weiter zu Herodes Antipas, Tetrarch von Galiläa und somit zuständig in diesem Fall. Herodes hält Jesus für unschuldig, will ihn aber auch nicht freisprechen und schickt ihn somit zurück zu Pontius Pilatus. Dieser ist ebenso nicht von Jesus’ Schuld überzeugt, beugt sich aber dem Druck der Gesellschaft und verurteilt ihn. Noch heute findet die Redewendung häufig im Zusammenhang mit bürokratischen Prozessen Verwendung (z.B. wenn man von einer Instanz zur nächsten geschickt wird), ist aber nicht darauf beschränkt. Herausgestellt wird die Erfolglosigkeit des Unternehmens: Am Ende ist man wieder am Ausgangspunkt.

von pontius zu pilatus

from pillar to postDie entsprechende Übersetzung für diese Redewendung wäre: going from pillar to post (wörtlich: von Säule zu Pfosten)

Zwar impliziert der Ausdruck in keiner Weise, dass man zum Ausgangspunkt zurückkehrt, betont aber gleichermaßen, dass man sich von A nach B bewegt, um etwas zu finden/zu erhalten, letztendlich aber nicht weiterkommt. Der Ursprung dieser englischen Redewendung ist nicht klar. Es gibt verschiedene Theorien, die aber alle nicht wirklich überzeugen.

Sprachlich erschließen sich die deutsche und die englische Redewendung dagegen gleich: Im Deutschen wird eine illusorische Distanz zwischen dem Vor-und Nachnamen kreiert, aber da es sich immer noch um nur eine Person handelt, ist alles zwischen diesen beiden Teilen ohne Bestand. Der englische Ausdruck erzielt einen ähnlichen Effekt, indem er sich zweier Synonyme bedient: „Pillar“ und „post“ beschreiben beide pfahlartige Stützen. Jegliche Distanz, die scheinbar zwischen diesen beiden Begriffen zurückgelegt wird, ist unbedeutend. Der künstlich hergestellte Abstand in diesen beiden Redewendungen betont die Sinnlosigkeit der darin vorhandenen Aktionen.For an English discussion, go here.

Of Pontius Pilate, pillars and posts, and getting the runaround

One of the stranger – and yet quite common – idioms in the German language is this one:

von Pontius zu Pilatus laufen (literally: to run from Pontius to Pilate)

Meaning: to run from one place to another on an errand or in search of something, but without success

This quaint expression finds particular popularity when one is chased from one agency to another to initiate a bureaucratic process of some sort. Its origin is indeed connected to the biblical Pontius Pilate, the Roman prefect of Judaea. According to the Gospel of Luke, Jesus was brought before Pilate to be judged, but the prefect was unconvinced of his guilt and sent the Galilean prisoner to Herod Antipas, ruler of Galilee, whom he thought responsible. Herod Antipas also didn’t think that Jesus was guilty and sent him back to Pilate, who then bowed to public pressure and condemned him. In its modern usage, the term conveys that, despite your efforts, you are still at the same point where you started.  It can be translated with the English idiom: going from pillar to post In this case, the origin is obscure. There are a number of theories, of which I find none convincing enough to include here.Von Pontius to PilateLinguistically, however, the expression works the same way as the German one: Creating an illusory distance between first name Pontius and last name Pilate does not change the fact that we are still talking about one person only. Anything in-between is of no consequence. The English idiom achieves the same effect by using synonyms: “pillar” and “post” stand for the same item, i.e., a type of column. Any distance covered between the two does not get you any further. Thus the artificially created space in both idioms references the ineffectiveness of moving from one place to another.Von Pontius zu Pilatus laufen” cannot be translated as “to get the runaround”: Although this expression also conveys that you are given wrong information or false excuses, that your question is evaded, or that your request is unnecessarily delayed, it refers to a mental action during which you remain stationary. In contrast, the German idiom refers to physically moving around.

Eine deutsche Erörterung des Themas gibt es hier.

Battling swinehounds and weaker selfs

In Germany, when you talk about sports in the sense of doing more of it, you will almost inevitably come across the following expression:

seinen inneren Schweinehund überwinden (literally: to overcome your inner swinehound)

Meaning: to make yourself do something that you really don’t want to do

“Swinehound” was the collective term for dogs which were specifically used in boar hunts because of their particular resilience and tenacity. They packed the boar and held on to it to slow it down or hold it in place until the hunters arrived. The idiom points to this tenacity: The “inner swinehound” stands for your bad habits, which are as difficult to break as it is for a boar to escape. The idiom is generally used in connection with doing things that would be better for you (as it would be better for the boar to free itself from the hounds…). As such it always implies the need for more self-discipline.

The most fitting English translation would be:

to overcome/beat/conquer your weaker self

as it conveys the same need for self-discipline.

The common translation “fighting your inner demons” goes into a different direction as inner demons are associated with dark or negative emotions or memories, not bad habits.

I have also seen it translated as “overcoming/resisting your inner temptations,” but this is a rather awkward construction. For one, temptation itself is already an inner urge or desire, so the adjective “inner” seems superfluous. Also, the expression only works if you qualify what the temptation actually is. So yes, you could say, “I have to resist the temptation of being lazy/ eating chocolate” which also conveys the need of being more self-disciplined, but the German idiom does not require this kind of qualification.Schweinehund - origin and translation(Eine deutsche Erörterung des Themas befindet sich hier)

Vom inneren Schweinehund und einem schwächeren Ich

Die Kategorie heißt zwar Englische Redewendungen im Deutschen, aber dieses Mal geht es um eine sehr geläufige deutsche Redewendung, die vielen Englisch-Übersetzern Schwierigkeiten zu bereiten scheint:

seinen inneren Schweinehund überwinden 

Beste englische Entsprechung: to overcome/beat/conquer your weaker self (wörtlich: seine schwächere Seite überwinden/besiegen).

„Schweinehund“ ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Jagdhunden, die wegen ihrer besonderen Widerstandsfähigkeit und Hartnäckigkeit bis ins 19. Jahrhundert hinein bei der Wildschweinjagd eingesetzt wurden. Sie packten den Keiler und hielten fest, um ihn zu verlangsamen oder sogar am Ort zu halten, bis die Jäger kamen. Die Redewendung bezieht sich auf genau diese Hartnäckigkeit: Der innere Schweinehund hat die schlechten Gewohnheiten fest im Griff und macht es uns sehr schwer, sie zu brechen obwohl dies besser für uns wäre. Der Schweinhund steht von daher immer für einen Mangel an Selbstdisziplin.

Der Ausdruck wird manchmal übersetzt mit: to fight your inner demons (wörtlich: die inneren Dämonen bekämpfen). Dieser Ausdruck geht jedoch in eine andere Richtung, weil die genannten inneren Dämonen in der Regel mit negativen Emotionen oder Erinnerungen assoziiert werden, und nicht mit schlechten Angewohnheiten.

Auch die Übersetzung “overcoming/resisting your inner temptations” (wörtlich: seinen inneren Versuchungen widerstehen) wirkt sehr konstruiert. Zum einen bezieht sich „temptation“ bereits auf einen inneren Drang oder Wunsch, was das Adjektiv „inner“ überflüssig macht. Außerdem muss hier näher bestimmt werden, was diese Versuchungen sind. Man könnte also sagen, “I have to resist the temptation of being lazy/ eating chocolate” (Ich muss der Versuchung widerstehen, faul zu sein/ Schokolade zu essen), was auch fehlende Selbstdisziplin impliziert. Die deutsche Redewendung dagegen benötigt so eine nähere Bestimmung nicht.innerer Schweinehund auf Englisch

(For an English discussion of this topic, see here)