Von sterbenden Enten und hilflosen Ochsen

Der Umgang mit Redewendungen ist eine besondere Herausforderung für jeden Übersetzer. Wortwörtlich übersetzt ergeben sie in der Zielsprache möglicherweise keinen Sinn mehr, und wählt man eine neutrale Übersetzung ändert sich möglicherweise der Stil oder auch die Atmosphäre, die der Originaltext übermitteln will. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten sind aber gerade Redewendungen die Schatzkiste einer jeden Sprache, weil sie so viel über die Leute, deren Denkweisen und Lebensarten aussagen.

Nehmen wir z.B. die folgende Redewendung:

To be like a (dying) duck in a thunderstorm (wörtlich übersetzt: Wie eine (sterbende) Ente im Gewitter)

Bedeutung: niedergeschlagen, hoffnungslos oder entmutigt sein                 "wie eine Ente wenns donnert" und englische Übersetzung

Es gibt in der Tat eine alte deutsche Variante: „wie eine Ente/Gans wenn’s donnert“, die aber einen verblüfften oder überraschten Gesichtsausdruck beschreibt und sich deshalb nicht als Übersetzung eignet.  Beide Redewendungen haben aber denselben Ursprung, und zwar in einem Aberglauben, wonach Enten vom Donnerknall als besonders betroffen galten.

Eier müssten vor dem Lärm geschützt werden oder es würden keine Küken schlüpfen. Ebenso sollten Gewitter das Sterberisiko bereits geschlüpfter Küken erhöhen. Angeblich rollten diese Küken vor ihrem Tod die Augen, was einen verblüfften Ausdruck hervorrief. Die englische Redewendung bezog sich zunächst auf dieses Augenrollen und vermittelte eine ähnliche Bedeutung wie die deutsche. Das änderte sich aber mit der Zeit hin zu einem Ausdruck der Niedergeschlagenheit, Mut- oder Hoffnungslosigkeit.wie eine Ente wenns donnert - Herkunft(Quelle: Minard, Antone. Western Folklore, Vol. 69, No. 1, Winter 2010, zu finden hier)

Manchmal sehe ich auch die Übersetzung „wie ein Ochse vorm Berg“ oder „wie eine Kuh vorm (neuen) Scheunentor, die aber meiner Meinung nach noch weniger passt. Hier wird ausgedrückt, dass man nicht weiter weiß bzw. sich die Lösung eines Problems einem nicht erschließt. Der Ochse oder die Kuh bleibt stehen, bis man sie weiterführt, also Hilfestellung leistet. Der Aspekt der Hoffnungslosigkeit oder Niedergeschlagenheit fehlt dabei."wie der Ochs vorm Berg" und englische Übersetzung(You’ll find an English discussion of this topic here)

 

 

 

 

Talking about oxen and dying ducks in a thunderstorm

A tricky challenge for every translator is how to deal with idioms. If you translate them verbatim, they will probably make no sense in the target language and if you choose a neutral expression, it may change the style or the atmosphere the original text seeks to convey. Regardless of the difficulties idioms present, however, they are also any language’s treasure trove because they tell you so much about the people, their ways of thinking and their ways of life.

Let’s take the following German expression:

Dastehen wie der Ochse vor dem Berg / wie die Kuh vor dem (neuen) Scheunentor  (literally: to stand there like an ox before a mountain / like a cow before the (new) barn door)

Meaning: you are at a complete loss                    

When oxen and cows are faced with an obstacle in their way (or even the new appearance of an old obstacle, such as a new door), they apparently don’t know what to do and simply stop before it.

I have seen it translated as “like a (dying) duck in a thunderstorm,” but that does not quite express the same thing. The “duck in a thunderstorm” conveys a sense of being hopeless, crestfallen, or dejected. While it implies helplessness like the German expression, the mood is entirely different: The ox or cow is unperturbed, not miserable. It simply waits for guidance.

The English expression is derived from a folk belief, which held that the noise of thunder particularly affected ducks, so that one had to protect the eggs from the sound or no ducklings would hatch. By the same token, it was thought that hatched ducklings could easily die during a thunderstorm. Because their deaths was preceded by much eye-rolling, which gave them a somewhat surprised look, the expression initially described a stunned or startled expression. Yet, over time, the meaning changed. Today, looking “like a duck in a thunderstorm” stands for being forlorn or sorry for oneself.

(Cf.: Minard, Antone. Western Folklore, Vol. 69, No. 1, Winter 2010, found here)

(Eine deutsche Erörterung des Themas befindet sich hier)